Wie man ein Geschäft aufbaut und am Laufen hält – mit Jost Wiebelhaus (Frankfurter Laufshop)

„Ein spezialisierter Einzelhandel wird immer eine Daseinsberechtigung haben.“

Mein Gast: Jost Wiebelhaus

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Es gibt sie noch, die stationären Einzelhändler:innen, die eine loyale Stammkundschaft haben und ein lukratives Geschäft betreiben – trotz E-Commerce und Pandemie, die den Boom des Online-Handels noch einmal beschleunigt hat. Wie schafft man das? Darüber habe ich mit Jost Wiebelhaus gesprochen, der seit mittlerweile 20 Jahren den Frankfurter Laufshop betreibt.

Sein Laden ist zu einer richtigen Instanz in der lokalen Laufszene geworden und mittlerweile in ganz Deutschland bekannt. Als im Zuge des ersten Lockdowns die Läden geschlossen blieben, fanden Jost und sein Team neue Wege, um die Kundschaft weiterhin mit Laufschuhen zu versorgen. Das kam nicht nur bei den Kund:innen gut an, sondern auch bei den Medien, die bald begannen, über Unternehmer:innen wie Jost Wiebelhaus zu berichten.

Das sind die drei Schlüsselpunkte

1. Schnelligkeit zählt im Business genauso wie beim Laufen

Anfang 2020 musste alles schnell gehen. Angesichts der Pandemie-bedingten Vollbremsung baute Jost mit seinem Team nicht nur einen eigenen kleinen Versand- und Lieferservice per Fahrrad auf, sondern er entwickelte auch eine Online-Laufschuh-Beratung über Whatsapp und Co. (also ohne viel Aufwand oder Kosten), damit die Kund:innen weiterhin Laufschuhe kaufen konnten. Die Beratung verlagerte sich also ins Digitale, ohne komplizierte Technologie.

Später, als erste Öffnungsschritte möglich waren, kam noch eine Online-Terminvereinbarung hinzu, damit nicht zu viele Personen gleichzeitig in den Laden kamen. Das schnelle Handeln hat sich bezahlt gemacht und ganz nebenbei noch ein beachtliches Medien-Echo ausgelöst.

Für Jost ist genau diese Schnelligkeit der große Vorteil, den kleinere Geschäfte gegenüber den großen Handelsunternehmen ausspielen sollten: „Große Ketten haben träge Konzernstrukturen. Es dauert, bis sie etwas umsetzen können. Da müssen wir einfach schnell sein. Und das mögen unsere Kund:innen.“

Im Grunde handelte Jost wie aus dem agilen Lehrbuch. Statt alles perfekt zu machen und Zeit mit dem Aufbau eines aufwändigen Online-Shops zu verlieren, wie es viele andere Geschäfte machten, fand er in kurzer Zeit neue Möglichkeiten, um das Geschäft auch unter den neuen, schwierigen Rahmenbedingungen zu betreiben. Er hat die vielversprechendsten Ideen direkt umgesetzt und ist schnell zu Feedback gekommen – in diesem Fall zu einem durchwegs positiven.

2. Man muss die Kundschaft in den Mittelpunkt stellen, um gegen Amazon zu bestehen

Das Geschäftsmodell von stationären Einzelhändler:innen ist längst nicht mehr nur der Verkauf von Waren. Als kleiner Laden ist es aussichtlos, sich auf einen Preiskampf mit großen Konzernen einzulassen. Jost Wiebelhaus ist erfolgreich, weil er den Fokus seines Geschäfts auf die individuelle Beratung seiner Käuferschaft legt: „Wir verkaufen zum UVP der Hersteller. Wir wollen die Kund:innen erreichen, die unsere Beratung wertschätzen.“ Also weg vom reinen Point of Sale, hin zum „Point of Experience“, wie Jost ihn nennt. Der Frankfurter Laufshop verdient sein Geld ganz klar über den Verkauf von Laufschuhen und Zubehör, doch die Käufer:innen zahlen gegenüber Online-Shops gerne den Premiumpreis, weil sie die Beratung schätzen.

Dieses „Mehr“ an Service ist etwa der Lauftreff, den Jost schon vor knapp 20 Jahren ins Leben gerufen hat. Daraus ist eine loyale und begeisterte Community gewachsen. Ein hervorragendes Beispiel für effektive Kundenbindung. „Ich denke, man muss absolut die Kundschaft in den Mittelpunkt stellen“, so Jost. Genau darum kommen ambitionierte Läufer:innen zu ihm. Sie schätzen sein spezialisiertes Wissen, weil sie am Ende nicht nur ein Paar Laufschuhe kaufen wollen, sondern das richtige Paar – ein entscheidender Unterschied.

3. Findet eure Nische und werdet die Besten darin

Spezialisierte Geschäfte wie das von Jost gibt es immer seltener. Stattdessen reihen sich die immer gleichen Geschäfte der großen Ketten aneinander. Dazu kommt auch, dass die Sportschuh-Hersteller immer öfter direkt an die Kundschaft verkaufen. Bleibt da in Zukunft überhaupt noch Platz für kleine Läden? Jost ist zuversichtlich: „Ich glaube, dass spezialisierte Fachgeschäfte, wie wir es sind, immer eine Daseinsberechtigung haben werden.” Doch sein Nachsatz ist extrem wichtig, wie in unserem Gespräch herauskommt: „Wenn man es gut macht.”

Ich sehe das ähnlich, auch über den stationären Handel hinaus. Der sinnvollste Weg, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, ist es, eine Nische zu finden und dann diese Nische – ob Sportschuhe (und dann nur Laufschuhe) oder Ski (und dann nur „handgearbeitete Holzski”) – konsequent mit „Zusatzleistungen” zu bedienen.  Dazu braucht es Leidenschaft, wie auch Josts Gründerstory klar zeigt.

Was könnt ihr also tun, um euer eigenes Geschäft zu gründen? Ganz egal, ob ihr einen stationären Laden eröffnen, ein innovatives Software-Business ins Leben rufen oder ein Beratungsunternehmen gründen wollt: Überlegt euch, wofür ihr wirklich brennt – und grenzt eure Nische, wenn möglich, nochmal ein! Denkt darüber nach, wie ihr in einem möglichst kleinen Bereich einen einzigartigen Nutzen bieten könnt! Dann geht an den Markt, so schnell ihr könnt. Nur so erfahrt ihr, ob das, was in eurem Kopf Sinn macht, da draußen auch jemand braucht.


Hört einmal rein in meinen Podcast mit Jost Wiebelhaus und gebt mir gerne Feedback, was ihr dazu denkt. Ich freu mich über eure Kommentare!

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